Boris Goudenow - Presseschau

»BORIS GOUDENOW«

In vielerlei Hinsicht sehr ungewöhnlich

Uraufführung der Oper nach fast 300 Jahren

Fast 300 Jahre war die Opern-Partitur "Boris Goudenow" des Hamburger Komponisten Johann Mattheson in Bibliotheken eingemottet. Sie wurde aus ungeklärten Gründen nie aufgeführt. Im Bucerius Kunst Forum fand nun mit dem Cythara-Ensemble unter der Leitung von Rudolph Kelber die konzertante Uraufführung dieser in vielerlei Hinsicht ungewöhnlichen Barock-Oper statt.

Sie erzählt die Geschichte des Statthalters Goudenow, der durch Intrigen die Krone an sich reißt. In deutscher und italienischer Sprache reflektieren die zehn Sänger über Liebe, Leben und Herrschsucht. Nicht selten schweift der Text des Librettos in poetische Anschauungen ab. Die Handlung kommt zum Stillstand. Text und Musik verweilen dann ganz in der inneren Ruhe des Augenblicks.

Den zweiten Akt mit einem vierstimmigen Kanon zu beginnen, das wäre Zeitgenossen Händel wohl niemals eingefallen. Hier schafft Mattheson einen jener vielen Momente voll überwältigender Schönheit, in dem die vier Sänger Jörg Gottschick, Bettina Pahn, Felix Speer und Holger Marks mit klaren Stimmen die Morgensonne aufgehen lassen. Tenor Wilfried Jochens arbeitet sich wacker durch die überraschenden Intervallsprünge in der Arie "Zwei Dinge will ich hassen". Wie kann er die unzufriedenen Untertanen, gesungen von Knabenchor, Kantorei und Vokalensemble St. Jakobi, bloß abwimmeln? Am Ende wird Goudenow gekrönt. Die Chor-Arie "Glückliche Völker" hat das Zeug zum Ohrwurm. Und auch das Publikum sieht glücklich aus. Ein erhebendes Gefühl, dabei gewesen zu sein.    SING

Hamburger Morgenpost/MOPO, 1. Februar 2005